Von 1884 bis 1915 war Deutschland im heutigen Namibia Kolonialmacht und unterdrückte und ermordete hunderttausende Menschen. Zwischen 1904 und 1908 verübte Deutschland in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts. Circa 80% der Ovaherero und 50% der Nama-Bevölkerung wurden in dieser Zeit getötet. Nun hat Deutschland den Völkermord anerkannt und nach Verhandlungen mit der namibischen Regierung einen stark kritisierten Entschädigungsbetrag festgelegt.
Auf Anweisung des Generals Lothar von Trotha wurden die Ovaherero, die im Zuge des Aufstandes gegen die deutschen Truppen in die Omaheke-Wüste geflohen waren, durch Truppen, die die Wasserstellen am Rande der Wüste bewachten davon ferngehalten, sodass sie in der Wüste verdursteten. Die wenigen Überlebenden wurden später in Arbeitslager gebracht, in denen sie auch dort unter den unmenschlichen und gewaltvollen Bedingungen starben. Die einzelnen Stämme der Herero und Nama wurden teilweise in andere ehemalige deutsche Kolonien wie Togo oder Kamerun verschleppt und verloren ihre Ländereien, auf denen ihre Vorfahren schon seit Jahrhunderten gelebt hatten. Bis heute gehören 70% des Landes weißen Siedler*innen, die insgesamt nur einen Anteil von 5% der Bevölkerung ausmachen.
Die Kolonialtruppen sammelten außerdem menschliche Überreste, um sie für „rassische Experimente” nach Deutschland zu bringen. Diese Überreste sind neben anderen „kolonialen Schätzen” immer noch in deutschen Museen ausgestellt. Es wird damit Profit gemacht, während die Nachfahren der Herero und Nama schon jahrzehntelang für eine Rückführung kämpfen und ihnen das Abschließen mit den gewaltvollen Toden ihrer Ahn*innen verwehrt wurde und immer noch wird.
2004 scheiterte erstmals ein Versuch Deutschlands sich öffentlich zu entschuldigen. Es dauerte über 10 Jahre bis Deutschland im Jahre 2015 diese Ermordungen an der namibischen Bevölkerung als Genozid benannte und anerkannte. Nun haben sich die Bundesregierung und die namibische Regierung auf eine Summe von 1,1 Milliarden Euro geeinigt, die Deutschland über die nächsten 30 Jahre hinweg an Namibia zahlen soll.
Diese „Geste” und die Art der Verhandlung werden von den beiden Dachverbänden Ovaherero Traditional Authority (OTA) und der Nama Traditional Leaders Association (NTLA) und weiteren verschiedenen Bündnissen und Organisationen, wie dem Bündnis “Völkermord verjährt nicht”, kritisiert. Es war eine Verhandlung von Regierung zu Regierung, in denen Vertreter*innen der Opfergemeinschaften vielleicht dabei saßen, aber nicht in die Entscheidung einwirken konnten und ihren Forderungen kein legitimer Wert zugesprochen wurde.
Wie auch die Petition an die deutsche Bundesregierung betont, ist die geplante Entschädigung kein Schuldeingeständnis Deutschlands an dem Genozid. Hinzu kommt, dass die finanzielle Entschädigung nicht direkt an die Gemeinden der Herero und Nama geht. Die Bundesregierung unterstützt lediglich, die von der Regierung bereits geplanten Projekte in vom Völkermord besonders betroffenen Regionen. Ein Mittel, um von ihrer historischen Verantwortung wegzulaufen und sich unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe zu verstecken? So betont es zumindest der Generalsekretär der Nudo (National Unity Democratic Organisation) Joseph Kauandenge.
„Reparationen statt Entschädigung!“
Die Tatsache, dass die deutsche Regierung zwar nun den Genozid als solchen benennt, aber nicht von „Reparationen” spricht, spricht Bände. Was sie außerdem nicht müde wurden zu betonen ist, dass es eigentlich keinen Rechtsanspruch auf Entschädigung gäbe, da die UN-Völkermordkonvention von 1948, die in Deutschland 1955 in Kraft trat, nicht rückwirkend (also für den Völkermord, der sich 1904-1908 ereignete) gilt. Stattdessen kehren sie es um und sprechen von moralisch-politischen Verpflichtungen, als würden sie Namibia einen Gefallen tun.
Es ist eine Versöhnung zwischen den zwei Regierungen, doch es schließt weder die betroffenen Gemeinden und Opfergemeinschaften ein, noch sind Reparationen darin enthalten. „Das ist nicht genug für das Blut unserer Vorfahren. Wir werden kämpfen. Bis in die Hölle und zurück.” setzte „Paramount Chief” der Ovaherero, Vekuii Rukoro, als Statement.
Zum Unterschreiben der Petition geht es hier entlang.