#ReleaseThe21 — LGBTQ+ im Postkolonialen Ghana

Im Mai diesen Jahres richtete sich die ghanaische aktivistische Bewegung LGBT+ Rights Ghana in ihren sozialen Netzwerken an die Öffentlichkeit und rief die Kampagne #ReleaseThe21 ins Leben. Diese ging viral, doch was steckt dahinter?

Am 20. Mai wurden 21 LGBTQ+ Aktivist*innen während einer Konferenz in der ghanaischen Stadt Ho von der Sicherheitseinheit Volta Regional Police Command festgenommen. Die Verhafteten sitzen bis heute in Gewahrsam. Trotz Einsatz weiterer Aktivist*innen und Aufrufen an Verbündete (insbesondere die in der Diaspora) ist keine Freilassung in Aussicht. 

Die regionale Polizei nannte als Grund der Inhaftnahme, Verfechtung von LGBTQI-Aktivitäten und das Abhalten einer unrechtmäßigen Versammlung. Bis heute sind gleichgeschlechtliche Beziehungen in Ghana illegal und können mit 3-25 Jahren Haft bestraft werden. 

Politik oder Postkolonialismus?

Homo- und Transfeindlichkeit sind bei uns sowie in der Subsahara allgegenwärtig. Wie vieles wird auch diese Ungerechtigkeit hier im Lande als Phänomen der Unterentwicklung Afrikas erklärt. Postkoloniale Strukturen werden dabei von der Politik nicht beachtet. Das ist insofern problematisch, da dies die Sicht auf das Gesamtbild verschleiert. 

Ein Blick auf vorkoloniale Kulturwerte, König*innen und Bräuche Afrikanischer Länder zeigt schnell, dass Matriarchate (eine Gesellschaftsordnung, in der Frauen eine übergeordnete Stellung haben), Geschlechter jenseits von Mann und Frau und auch geschlechterneutrale Sprache auf dem Kontinent gegenwärtig waren und heute teilweise noch sind. 

Die Vorherrschaft von westlicher Religion und Heteronormativität (ein gesellschaftliches Wertesystem, das nur die traditionellen „männlichen“ und „weiblichen“ Geschlechter sowie Beziehungen zwischen Mann und Frau als normal betrachtet) kann einfach auf die Kolonialzeit zurückgeführt werden. Dass Werte und Gesetze in Ghana und anderen Afrikanischen Ländern vorherrschen, die stark  homo- und transfeindlich sind sollte aus allen Perspektiven in europäischen und neo-europäischen Medien thematisiert werden, da Verantwortung hier wichtig ist. 

Externe Solidarität und Unterstützung, auch von der Diaspora, hat Gewicht. Doch staatliche Eingriffe durch ehemalige Kolonialmächte und aus Nordamerika sollten selbstverständlich sein, denn wir sprechen noch immer von Verantwortung. Es ist einfach, den gesellschaftlichen Zustand, unter welchem die 21 Gefangenen leiden, als die Rückständigkeit Afrikas zu bezeichnen. Dieser Blickpunkt scheint zur weißen Tradition geworden zu sein. Doch was ist mit Kausalität – Ursache und Wirkung? Kolonialismus und Ausbeutung? 

Allyship in der Diaspora

Der Pride Month neigt sich dem Ende zu. In Gedenken an die Entstehungsgeschichte und die gesellschaftliche Entwicklung bis heute zeigen sich große Veränderung in Bezug auf Akzeptanz und Sichtbarkeit. Zumindest im “Westen”. Leider heißt dies nicht, dass Queer-Feindlichkeit in der Vergangenheit liegt. Die Sichtbarkeit von Afrikanischen queeren Menschen braucht Aufmerksamkeit. Und besondere Verantwortung sollten westliche Regierungen wie Deutschland übernehmen und hier einschreiten. Die unrechtmäßig verhafteten Menschen der #ReleaseThe21-Kampagne sind nicht die einzigen, die Unterstützung brauchen.

Zur gofundme-Kampagne von LGBT+ Rights Ghana geht es hier.